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( Stimmen)Nachdem mir mein Verlag nach fast 23 Jahren im Lektorat mit einem schlichten Vierzeiler ohne Angaben von Gründen gekündigt hat (wer meinen Artikel »Das Leben ist keine Roman-Stunde, sondern Meine Wahrheit« gelesen hat, wird anders darüber denken), bin ich doch froh, gewisse Entwicklungen vorausgesehen zu haben. Denn bereits ein Vierteljahr vor der Kündigung habe ich mit meiner neuen Lebensplanung begonnen.
In Zukunft werde ich nur noch das machen, was mir wirklich Freude bereitet. Und wenn es gut läuft, kann ich damit sogar meinen Lebensunterhalt bestreiten.
Als die drohende Pleite meines Arbeitgebers offenbar wurde, habe ich überlegt, was ich außer Lesen und Schreiben und Autofahren eigentlich noch so kann. Ach ja, ich kann Hunde!, fiel mir ein. Bei CANIS-Zentrum für Kynologie habe ich von 2003 bis 2007 eine Ausbildung zur Hundetrainerin und Verhaltensberaterin absolviert, aber tatsächlich nur kurz und nebenbei als solche gearbeitet, weil 2009 Kind Nummer zwei Vorrang hatte, ich ja noch für das Lektorat arbeitete und somit die Zeit fehlte für meinen Qualitätsanspruch an das Trainerinnen-Dasein. Es ist ja nicht nur die Stunde, die man gibt, das Training will auch vor- und nachbereitet werden.
Okay, ich könnte also wieder als Hundetrainerin arbeiten, die inzwischen dafür notwendige Genehmigung vom Kreisveterinäramt wurde mir aufgrund meiner hervorragenden Ausbildung (mit Seminaren u.a. bei Hellmuth Wachtel, Dorit Feddersen-Petersen, Michael Grewe und Nadin Matthews) vom Schreibtisch aus erteilt. Da ich aber nicht davon überzeugt bin, dass man von dieser Arbeit allein leben kann, interviewte ich noch eine befreundete Hundefriseurin in Rheinland-Pfalz, Sabine Lanzerath, um herauszufinden, ob dieser Job etwas für mich sein könnte. Ich hatte selbst bislang nur Hunde, deren Fellpflege nicht besonders zeitintensiv ist.
Nach diesem Gespräch war ich infiziert und machte mich sogleich auf die Suche nach einer passenden Ausbildungsstätte. Man muss zwar keine Ausbildung vorweisen, um sich als Hundefriseurin selbstständig zu machen. Aber wenn ich etwas mache, möchte ich das auch richtig gut können. So fand ich also zwei Ausbildungsstätten in der näheren Umgebung und entschied mich für einen Probetag in der einen.
Was soll ich sagen? Es hat mir ausnehmend gut gefallen, sodass ich mich für die 6500 Euro teure Ausbildung bei einer der besten Hundefriseurinnen Deutschlands, Anja Reiteritsch, angemeldet habe.
Ausbildungsstart war haargenau an meinem 50. Geburtstag. Ich finde, das ist ein obergutes Omen. Es folgten die anstrengendsten acht Wochen meines Lebens, kann ich sagen. Aber rund 500 Hunde, 320 Stunden und 215 Lernkarten später kann ich sagen: Es hat sich gelohnt!
Parallel zu dieser kräftezehrenden Zeit habe ich meine geliebte Ferienwohnung auf der Insel Poel verkauft und von dem Erlös mein Elternhaus in einen Hundesalon umbauen lassen. In den »Strubbelköter«, inzwischen sogar eingetragene Wortmarke. Der Strubbelköter ist Hundesalon, Hundeschule und Hundetagesstätte. Ein Traum.
Vor einigen Wochen habe ich drei Hundeleute nebst ihren Hunden in den Salon eingeladen und meine Immerfreundin, Journalistin, Fotografin, Autorin und Dozentin Andrea Lammert vom Blog Indigo-Blau hat meine Arbeit fotografisch festgehalten. Ganz besonders glücklich bin ich darüber, dass sie den schönsten Moment überhaupt eingefangen hat.
Das war, als Terrier-Mix Charly mir sein Vertrauen geschenkt hat. Charly hatte nie zuvor mit einem Hundefriseur Kontakt und veranstaltet beim Tierarzt regelmäßig großes Theater, wenn dieser ihm mit der Nadel an den Pelz will; ein echter Terrier eben, der kurz davor ist, die Weltherrschaft zu übernehmen. Zu Beginn meiner Behandlung hat er derart gezappelt, dass er fast vom Tisch gefallen wäre, zweimal hat er versucht, mich zu beißen. Ich habe ganz ruhig weitergearbeitet, getrimmt, um genau zu sein. Und dann kam da dieser ganz besondere Moment. Ich hätte fast geweint und wusste in diesem Moment: Ja! Das ist es, was ich machen möchte.
Und selbstverständlich kommt mir hierbei meine einstige Hundetrainerinnen-Ausbildung zugute. Hundeverhalten zu beobachten, einzuschätzen und das Richtige im richtigen Moment zu tun, das hilft im Salonbetrieb dabei, die für den Hund grundsätzlich unangenehme Situation ein wenig erträglicher zu machen.
Weil aller guten Dinge drei sind, betreibe ich noch eine kleine und exklusive Hundetagesstätte mit maximal vier Hunden in einer festen Gruppe. Es ist wundervoll, den ganzen Tag von einer Menge Hunde umgeben zu sein. Ich wollte ja eigentlich immer Tierärztin werden, hatte mir das nach dem Abi aber wegen meiner natürlichen Feinde Mathe, Physik und Chemie nicht zugetraut, es zwar im Alter von 30 noch mal halbherzig mit einer Bewerbung für Tiermedizin versucht, mit 45 nochmals ernsthaft darüber nachgedacht, es aber letztendlich doch nicht durchgezogen. Und nun kann ich sagen, dass ich es sensationell finde, Hundefriseurin geworden zu sein: Ich habe nur mit Hunden zu tun, sie sind auch in der Regel nicht krank, und eingeschläfert werden muss hier niemand. Bestens.
So kam es also, dass die Kündigung durch den Vater des Bio-Erbsensuppenkasper-Vox-Teilnehmers (»Das perfekte Dinner«) die beste Katastrophe meines Lebens wurde und ich so lange nichts von mir habe hören lassen.
Claudia Stieglmayr
Liebe Claudia, wünsche dir alles Gute für deine weitere Zukunft. Mein Hund verliert pausenlos Haare, ist aber kein Hund der zum Friseur muss – da wärst du wirklich meine erste Wahl. Lg von Meike
Liebe Meike, schön, von Dir zu lesen und vielen, vielen Dank für die lieben Worte! Das ist sehr lieb von Dir. Dir auch alles Gute und ganz viele liebe Grüße von Claudia