Mecker-Mama ist immer zu Hause

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# Mama ist immer zu Hause

Wenn man meine Kinder fragt, was Mama denn so arbeitet, werden sie vermutlich sagen: »Mama arbeitet nicht. Die ist immer zu Hause.« Das müssen sie auch denken. Ich bin zu Hause, um sie zu wecken, damit sie rechtzeitig in die Schule zu kommen. Ich bin zu Hause, wenn sie aus der Schule kommen und zu Mittag essen möchten. Ich bin zu Hause, wenn für Klassenarbeiten geübt, schwierige Hausaufgaben erledigt oder Vokabeln abgefragt werden müssen. Ich bin nachmittags zu Hause, um Fahrdienste zu Sport oder Freunden zu leisten (und zur Logo, zur Ergo, zur Nachhilfe). Dass ich morgens um vier Uhr aufstehe, zur Kaffeemaschine wanke und arbeite, damit ich Zeit für sie habe, ist ihnen nicht klar.

# Meckern, immer nur meckern!

Aus Sicht meiner Kinder bin ich übrigens hauptsächlich aus rein sadistischen Gründen zu Hause, nämlich, um mit ihnen zu meckern. Weil die Milch nicht in den Kühlschrank zurückgestellt wurde, weil die Ranzen mitten Flur stehen oder Inhalte von Brotdosen über die Sommerferien hinweg im Ranzen vor sich hin gegammelt haben (die spannendste Transformation hatte eine Mandarine vollzogen, die ich eines Frühsommers zufällig in den Tiefen des töchterlichen Ranzens aufgespürt hatte; zum Glück geschah diese Metamorphose in einem Klarsichtbeutel…).

Ja, Mütter meckern für ihr Leben gern und oft und oft auch laut. Das ist ihre absolute Lieblingsbeschäftigung. Um des Meckerns willen sind sie überhaupt nur Mutter geworden. Das glauben jedenfalls meine Kinder. Aber tatsächlich meckere ich ganz und gar nicht gern. Ganz ehrlich: Wenn ich gewusst hätte, wie viel ich meckern muss, dann wäre ich Vater geworden, den ganzen Tag außer Haus und würde abends die lieben Kleinen ins Bett bringen. Oder überhaupt grundsätzlich erst dann kommen, wenn sie schon schlafen. Sie sind so süß, wenn sie schlafen.

# Homeoffice, wie toll?

Wann bin ich sonst noch zu Hause? Ach ja, wie gesagt, ich arbeite dort. Für Geld. Nicht, was Sie jetzt denken. Ich habe noch einen bezahlten Job. 30 Stunden. Den mache ich auch irgendwann. Ja, klar, wenn die Kinder in der Schule sind. Stimmt. Das reicht aber nicht aus, um 30 Stunden zu füllen (außerdem möchte mein Rücken mindestens dreimal die Woche zum Krafttraining, und die Hunde wollen ihre täglichen Runden).

So stehe ich also praktisch jeden Morgen um vier Uhr auf, damit ich in Ruhe arbeiten kann, bis es Zeit für den Weck- und Brotdosen-Dienst ist. Und abends nach Zapfenstreich bin ich noch die eine oder andere Stunde fleißig, wenn ich nicht zu müde dafür bin. Manchmal muss ich auch am Wochenende noch eine kleine Schicht einschieben, wenn ich nicht alles geschafft habe. Zum Glück kann ich mir meine Zeit völlig frei einteilen, ich habe Abgabetermine zu halten, der Rest ist wurscht.

# Immer auf dem Sprung

Wenn morgens alle aus dem Haus sind, bin ich also bereits vier Stunden auf den Füßen, habe locker 2500 Schritte auf der Uhr; Klos und Waschbecken sind dann geputzt, Betten gemacht, der Geschirrspüler ist ausgeräumt, die Küche aufgeräumt, gesaugt und gewischt. Die Waschmaschine läuft. Dann stürze ich mit den Hunden in den Wald, sause zurück, schwinge mich aufs Rad oder ins Auto – zum Rückensport, Einkaufen oder zu sonstigen Terminen. Ständiger Zeitdruck lastet auf meinen Schultern, denn um halb zwei muss das Essen auf dem Tisch stehen.

# Ich wäre dann gern mal weg…

Manchmal finde ich es schrecklich schade, dass ich nicht mehr außerhalb arbeite. Zum Beispiel, wenn meine nebenan wohnende Mutter reinschneit und irgendetwas von mir will. Oder es ganz selbstverständlich findet, dass ich sie vormittags zum Arzt oder zum Friseur bringe, während sie sich doch locker ein Taxi leisten könnte – und massenhaft Zeit hat, die mir chronisch fehlt. Außerdem wird auch gern der Mittagstisch in der Casa filia angenommen. Dass ich manchmal vor lauter Zeitmangel, aber durch meinen Anspruch, frisch und gesund zu kochen, ganz schön unter Druck stehe, fällt meiner Mutter nicht auf. Schließlich hat sie das früher auch alles für uns gemacht. Dass sie aber nur ein Kind und keinen Job hatte, hat sie wohl vergessen. Wie sehr würde ich mich freuen, wenn sie, die sonst absolut nichts zu tun hat, wenigstens ab und zu mal Kartoffeln schälen könnte. Oder den Tisch decken.

Ach ja, das sind schon Momente, in denen ich gern mit meinen Kolleginnen zusammen die Mittagspause genießen würde.
Oder wenn diese Horroranrufe aus Schule und Kindergarten kommen. Sie beginnen immer mit folgenden Worten: »Bekommen Sie jetzt keinen Schreck!« Sehr lustig. Papa im Großstadtbüro bekommt nie solche Anrufe. Immer nur im Nachhinein von mir die Info, wenn die Wunden bereits genäht, die Tränen getrocknet und persönliche Schockzustände verwunden sind.

# Zu Hause ist es am allerschönsten, wenn…

Aber wenn mein Kleiner nach der Schule vor der Tür steht und ich ihm sofort ansehe, dass etwas nicht stimmt, er sich in meine Arme wirft und losschluchzt, weil er im Schulbus oder auf dem Pausenhof geärgert worden ist, dann bin ich froh, dass ich zu Hause bin.

Oder die Große schwer übellaunig nach Hause geradelt kommt, und erst einmal loswerden muss, wie blöd und unverschämt Fußgänger sind. Manchmal hat sie auch gute Laune und berichtet, was Max wieder Ulkiges im Unterricht angestellt hat oder wie sie den Mathelehrer ausgesperrt haben.

Solche Momente sind unbezahlbar und bleiben als wohligwarmes Gefühl im Herzen. Oder wenn meine französische Freundin mit Sohn und Kerl mittags mit uns am Tisch sitzt und südländisches Temperament durchs Haus weht und geplappert, geschnattert und gelacht, manchmal auch musiziert wird. Dann finde ich es einfach wunderbar, dass ich zu Hause bin.

Claudia Stieglmayr

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