Patientenverfügung – ganz einfach wichtig!

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von Claudia Stieglmayr

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat im Juli 2016, Februar 2017 und November 2018 geurteilt, sodass Millionen von Patientenverfügungen unwirksam sind. Es genügt nun nicht mehr, allgemein zu formulieren, dass man »keine lebensverlängernden Maßnahmen« wünscht! Man muss viel detaillierter vorgehen. Wie schreibt man eine Patientenverfügung? Man muss tatsächlich etwas Zeit, Arbeit und Konzentration aufwenden. Allein diese Tatsache bringt viele Menschen dazu, das Erstellen dieses wichtigen Dokuments vor sich her zu schieben. Das muss nicht sein!

Ich möchte hier behilflich sein und zeigen, dass der Aufwand gar nicht so riesig ist, wie man zunächst annimmt. Am Ende dieses Artikels befinden sich eine Checkliste sowie nützliche und informative Links. Patientenverfügung to go, sozusagen.

# Patientenverfügung – flott erstellt

Ich habe mithilfe des Online-Portals www.afilio.de meine Patientenverfügung erstellt. Das hat keine halbe Stunde gedauert und ist rechtlich wasserdicht. Afilio ist eine Plattform, auf der Privatpersonen kostenlos ihren Vorsorgebedarf ermitteln und rechtliche sowie finanzielle Vorsorgemaßnahmen treffen können.

Eine halbe Stunde ist nun wirklich nicht viel. Ich hatte angenommen, Stunden zu benötigen!

Was hat mich nur bislang davon abgehalten? Ich weiß es jetzt: Es sind Gedanken und Einflüsse. Googelt man »Patientenverfügung«, werden fast zwei Millionen Treffer angezeigt! Und beginnt man zu lesen, fallen Begriffe wie »kompliziert«, »komplex« und »juristisch«. Das allein ist ziemlich abschreckend. Davon abgesehen muss man sich mit dem eigenen Sterben beschäftigen. Da gibt es wahrlich schönere Freizeitbeschäftigungen.

# Wozu eine Patientenverfügung?

In einer Patientenverfügung bestimmt man, was medizinisch passiert oder unterlassen wird. Und zwar nur für den Fall, dass man selbst nicht mehr mit klarem Verstand aktiv entscheiden kann.

Dazu mag manche und mancher denken: Ist mir doch schnurz, was mit mir geschieht, wenn ich alt und bewusstlos bin und im Sterben liege. Nun, das ist vielleicht sogar richtig, aber was ist mit denen, die dann in meinem Sinne entscheiden müssen? Oder was ist, wenn ich noch jung bin, vielleicht sogar kleine Kinder zu versorgen habe? Ist es mir dann auch noch egal?

# Was passiert, wenn ich keine Patientenverfügung habe?

Hat jemand keine Patientenverfügung oder Betreuungs- und Vorsorgevollmacht erteilt, so muss im Ernstfall erst vom Betreuungsgericht ein Betreuer berufen werden, und dies nimmt dann unnötig viel Zeit in Anspruch. Außerdem entscheidet dann ein völlig Fremder über Maßnahmen.
Es steht zwar geschrieben, dass auch »das gesprochene Wort« gilt, aber ganz ehrlich: Wäre ich Arzt, würde ich auch sicherheitshalber auf einer schriftlichen Verfügung bestehen, ehe ich am Ende noch verklagt werde.

# Ich musste für meine Mutter entscheiden

Wie schlimm es ist, in einer solchen Situation für einen geliebten Menschen bestimmen zu müssen, habe ich am eigenen Leib erfahren, als meine Mutter zehn Tage vor ihrem Tod ins Krankenhaus kam. Bereits zwanzig Tage vor ihrem Tod hatte sie eine Behandlung in der Klinik verweigert und damit ihr Todesurteil unterzeichnet (»Mama ist tot, und ich bin ihr böse.«). Dennoch war sie nicht bereit, eine Patientenverfügung zu gestalten, weil sie eigensinnig an ihre Selbstheilungskräfte glaubte. Das stürzte mich in tiefe Verzweiflung, denn wir hatten nie so konkret über einen solchen Fall gesprochen. Was, wenn ein Gericht jemand Wildfremdes einsetzte oder Ärzte allein entschieden? Reichte vielleicht die vorhandene Vorsorge- und Betreuungsvollmacht nicht aus?

# Moralisch richtig, aber illegal!

So habe ich mich also hingesetzt und mit Hilfe von Textbausteinen eine Verfügung für sie verfasst – nach bestem Wissen und Gewissen überlegt, was meine Mutter wohl wollen würde. Das Dokument habe ich ihr dann zum Unterschreiben untergejubelt, als sie ohnehin Papiere für die Krankenkasse unterzeichnen musste. Nachvollziehbar, aber natürlich illegal.

Als meine Mutter dann mit akutem Nierenversagen ins Krankenhaus eingeliefert wurde und ihr Bewusstsein so weit eingetrübt war, dass sie im Grunde nicht mehr ansprechbar war, kam dann auch von der Ärztin in der Notaufnahme die befürchtete Frage nach der Patientenverfügung. Ich zögerte kurz – und blieb dann doch bei der Wahrheit: »Ja, es gibt eine, aber sie weiß das nicht.«

Nun hatte ich das Glück, dass diese Ärztin – und auch später die Stationsärztin – mich in den zu treffenden Entscheidungen begleiteten, berieten und unterstützten, sodass ich zu keinem Zeitpunkt das Gefühl hatte, etwas Unverantwortliches zu bestimmen. Aber bis heute bleibt ein letzter Zweifel an der Richtigkeit meiner Entscheidungen – im Sinne von: Hätte meine Mutter genauso entschieden?

# Meine Familie soll wissen, was ich will!

Ich möchte jedenfalls nicht, dass meine Liebsten in einer solchen Situation an meiner Stelle entscheiden müssen. Das ist eine der schwersten und schlimmsten Aufgaben meines Lebens gewesen. Meine Menschen sollen ein Papier in Händen halten, auf dessen Grundlage entschieden werden kann. Außerdem ist ja nicht gesagt, dass die Ärzte ohne Basis einer Verfügung überhaupt mit den Angehörigen sprechen. Meine Mutter war 83 Jahre alt und stand am Ende ihres Lebensweges, und es ging im Grunde nur noch darum, ihr ein würdevolles Sterben zu ermöglichen. Das sieht beispielsweise bei einer 30-jährigen Mutter von drei Kindern nach einem Autounfall aber womöglich ganz anders aus.

Der schlimmste Fall, von dem ich im Laufe meiner Recherche gehört habe, war der eines jungen Ehemannes. Er hatte einen Autounfall und lag im Koma. Seine Frau wusste, dass ihr Mann eine Verfügung hatte und kramte sie hervor. Dort stand: Falls mir etwas zustößt, soll meine Frau alles entscheiden. Wie grausam!

# Inhalt – was muss in einer Patientenverfügung stehen?

Ihr seid hoffentlich spätestens in diesem Moment von der Notwendigkeit überzeugt, dieses Dokument für den Fall des Falles erstellen zu wollen. Dann gehen wir jetzt zum praktischen Teil über.

Wenn man eine Patientenverfügung verfasst, müssen einige Dinge beachtet werden, damit sie rechtlich unangreifbar ist:

  • Der Verfasser muss zum Zeitpunkt des Erstellens volljährig sein.
  • Man muss »einwilligungsfähig« sein und die Verfügung aus freien Stücken schreiben.
  • Eine Patientenverfügung muss in Schriftform vorliegen, ob sie per Hand oder am Computer geschrieben wurde oder über ein Formular erstellt worden ist, ist völlig egal.
  • Das Dokument muss den Namen des Verfügenden, das Datum und eine Unterschrift enthalten. Eine Beglaubigung durch einen Notar ist nicht notwendig.
  • In einer Patientenverfügung müssen die persönlichen Wertevorstellungen berücksichtigt werden und der Patientenwille muss »differenziert und widerspruchsfrei« dokumentiert sein.

# Wo bewahre ich meine Patientenverfügung auf?

Ganz wichtig ist außer dem Besitz einer Patientenverfügung, dass andere davon wissen! Es nützt gar nichts, wenn das Dokument in einem privaten oder Banksafe liegt oder unter einem Aktenstapel versteckt ist – und niemand weiß, ob und wo. Oder man weiß davon und kommt nicht dran!
Man kann seine Verfügung auch bei der Bundesnotarkammer im Vorsorgeregister hinterlegen. Dann bekommt man eine Karte (Foto oben), die man im Portemonnaie mit sich führen kann. So ist in der Regel gewährleistet, dass im Falle einer Bestellung eines Betreuers über das Amtsgericht geprüft wird, ob es eine Patientenverfügung gibt. Hier geht es zum Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer.

Mein Tipp: eine Dreifach-Kombination aus Vorsorgeregister, Safe und einem Ort, der einigen vertrauenswürdigen Menschen aus dem Umfeld bekannt ist und auf den sie Zugriff haben.
Außerdem: Alle paar Jahre mal durchlesen. Hat sich etwas an meiner Meinung oder der Lebenssituation geändert? Änderungen sind jederzeit möglich.

# Tipps und Links

Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz
Meine Patientenverfügung
Afilio
NDR – Ratgeber Gesundheit
Bundesjustizministerium – Patientenverfügung
Bundesjustizministerium – Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung
Malteser

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